Beitrag vom
31.05.2023
Projekt Wikipedia-Portal
Hochschullehre goes Wikipedia
Wikipedia ist riesig. In der Enzyklopädie aus freien Inhalten finden sich nach eigenen Angaben mehr als 2,8 Millionen Artikel in deutscher Sprache. Und auch wenn dort schier unendlich viel zu finden ist – Beiträge rund um Hochschule, das Lehren und Lernen sind spärlich. Wenn man das ändern will, hilft nur eines: mitmachen, also mitschreiben.
Dafür gibt es das Projekt „Etablierung eines Wikipedia-Portals Hochschullehre“, das die Stiftung Innovation in der Hochschullehre fördert und das das Bayerische Zentrum für Innovative Lehre (BayZiel) in Zusammenarbeit mit der Wiki Education Foundation umsetzt. Es hat zum Ziel, den Zugang zu grundlegendem Wissen rund um die Hochschullehre zu erleichtern und den Wissensaustausch zu fördern. Durch den Aufbau eines eigenen Wikipedia-Portals „Hochschullehre“ soll relevantes Wissen strukturiert und gebündelt werden, um es Interessierten niedrigschwellig zur Verfügung zu stellen.
Konkreter, anschaulicher und aktueller
Doch wissen Sie, wie Wikipedia funktioniert und wie Artikel entstehen? Das war eine der ersten Fragen, die wir uns gestellt haben, als das Projektteam aus Fachautor:innen im Januar das erste Mal auf der Kickoff-Veranstaltung zusammenkam. Wikipedia ist eine Online-Enzyklopädie, die Freiwillige aus der ganzen Welt erarbeiten. Die Enzyklopädie basiert auf dem Prinzip der kollaborativen Erstellung und Bearbeitung von Inhalten. Artikel werden von Menschen geschrieben, die ihr Wissen und ihre Expertise teilen möchten. Überraschende Erkenntnis: Einfach anfangen ist gar nicht so einfach. So organisierte BayZiel für das Projekt als erstes ein sechswöchiges Online-Training mit „echten Wikipedianern“. Viel Etikette und einiges an Technik war dort zu lernen, bevor es mit dem Schreiben losgehen konnte. Und unser Anliegen umzusetzen: Die bisherigen Einträge zur Hochschullehre können so nicht bleiben, denken wir. Das muss konkreter, anschaulicher, aktueller und vor allem auch mehr werden.
Die bisherigen Einträge zur Hochschullehre können so nicht bleiben: Das muss konkreter, anschaulicher, aktueller und mehr werden
Um das weitere kollaborative Arbeiten bestmöglich zu fördern, gab es ein Writing Retreat im Grünen. Diese Auszeit bot uns einen idealen Rahmen, da alle auf engem Raum zusammenkamen und sich gegenseitig unterstützen konnten. Sternförmig kamen wir aus allen deutschsprachigen Richtungen nach Pfaffing bei München. Zwei Tage lang tauchten wir in eine inspirierende Atmosphäre ein, fernab von Ablenkungen. Neben festgelegten Schreibzeiten und Austauschphasen gab es auch Auszeiten, um den Geist zu erfrischen und neue Energie zu tanken. Die Pausen haben wir vor allem genutzt, um uns intensiv auszutauschen, Erfahrungen zu teilen und voneinander zu lernen. Der Fokus lag jedoch immer auf dem Schreiben. Dort, mitten im Grünen, versuchten wir „wikipedianisch“ zu lernen – und unser erstes Lernergebnis nicht zu vergessen: die kollaborative Ermahnung von Wikipedianer:innern, immer die „enzyklopädische Relevanz beachten“! Das ist die Eintrittskarte für Artikel auf der Wikipedia.
Für Lehrende und für ChatGPT
Wir hatten genügend Zeit und Raum, um Artikel zu entwickeln, zu überarbeiten und uns beraten zu lassen. Auch die Portalstruktur haben wir gemeinsam festgelegt. Begleitet wurden wir von Dr. Dzifa Vode, unserer Schreibtrainerin, die uns mit Schreibimpulsen unterstützte, kreative Blockaden zu überwinden und neue Ideen zu generieren.
Und wir diskutierten die entscheidende Frage, nicht nach dem „Warum“, sondern „Für wen schreibt ihr hier“? Wir machen bei dem Projekt mit und schreiben für die Studierenden, die die Wikipedia zitieren und hier zuverlässige Informationen finden sollen. Und für Hochschullehrende, die Orientierung finden sollen und Informationen, wo sie weitersuchen können. Wir schreiben für künstliche Intelligenzen wie ChatGPT, die sich von diesen Quellen nähren. Wir schreiben darüber hinaus für die vielen Suchmaschinen, die mehr über Lehrentwicklung finden sollen, und nicht zuletzt für Menschen wie Ludwig Huber, damit die Idee einer Hochschuldidaktik als stete Reform für Studium und Lehre fortgeschrieben wird.
Unsere ersten Erfahrungen gleichen einem äquilibristischen Tanz (Achtung! Enzyklopädisch relevant: Begriff stammt aus der Akrobatik!) zwischen verschiedenen Welten wissenschaftlichen Schreibens und es macht Spaß; meistens jedenfalls. Der Writing Retreat war ein wichtiger Meilenstein für die Etablierung des Portals Hochschullehre und hat uns als Schreibcommunity zusammengebracht.
Zur Autorin
Dr. Nicole Auferkorte-Michaelis
Dr. Nicole Auferkorte-Michaelis ist hauptamtlich Geschäftsführerin des Zentrums für Hochschulqualitätsentwicklung (ZHQE) der Universität Duisburg – Essen, leitet Projekte und Teams im Bereich der Lehr- und Studienqualitätsentwicklung. Sie ist außerdem Lehrbeauftragte für hochschuldidaktische Themen und Diversity Management an der Technischen Hochschule Mittelhessen und der Hochschule Osnabrück. Sie hat an der Universität Dortmund Erziehungswissenschaften studiert und in der hochschuldidaktischen Forschung promoviert. Seit 2006 ist sie an der Universität Duisburg-Essen im Bereich der akademischen Qualitätsentwicklung tätig. Sie leitet das hochschultypenübergreifende Kompetenzzentrum für Diversity Management an Hochschulen der Universität Duisburg-Essen und der TH Köln (www.komdim.de) gemeinsam mit Prof. Dr. Frank Linde. Sie engagiert sich im Netzwerk LehreN e.V.
Zum Autor
Prof. Dr. Frank Linde
Prof. Dr. Frank Linde lehrt und forscht an der TH Köln am Institut für Informationswissenschaft. Zu seinen Arbeitsschwerpunkten zählen Diversity und Digital Business. Zusammen mit Dr. Nicole Auferkorte-Michaelis von der UDE leitet er das Kompetenzzentrum für Diversitätsmanagement in Studium und Lehre an Hochschulen. Er ist hochschuldidaktischer Mentor der TH Köln und Mitglied des Sprecherteams des Mentor*innenkreises des Netzwerks für hochschuldidaktische Weiterbildung in NRW (hdw-nrw). Er ist Mulitiplikator im Weiterbildungs- und Netzwerkprogramm zur Entwicklung der Hochschullehre „LehreN“.