Struktur des Netzwerks ausgebaut
Ein Beitrag von Greta Lührs
„Dank der Förderung haben wir eine gewisse Größe und Sichtbarkeit erreicht und sind einen großen Schritt weitergekommen“, erzählt Prof. Rolf Kruse, Leiter und Initiator von uniVERSEty. So konnte über die Hochschule die Projektleiterin Jacqueline Schuldt eingestellt werden, die das Netzwerk operativ leitet und organisiert. „Unsere vorher recht losen Strukturen konnten wir dadurch verfestigen“, berichtet Eckhart Wittstock, wissenschaftlicher Mitarbeiter im Bereich Maschinenbau der Technischen Universität in Chemnitz und uniVERSEty-Gründungsmitglied. Die Projektleiterin kümmert sich zum Beispiel um die Terminkoordination sowie die interne und externe Kommunikation einerseits und um Planung und Durchführung von Veranstaltungen andererseits. Die inhaltliche Leitung erfolgt in enger Abstimmung mit den Mitgliedern.
uniVERSEty ist ein Netzwerk, dessen Mitglieder sich für virtuelle Lernräume in der Hochschullehre interessieren und engagieren. Laut Kruse wird die Technologie der virtuellen Realität in der Lehre zunehmend regelmäßiger eingesetzt, da sie sehr viele Möglichkeiten für die Wissensvermittlung bietet. „Die Lernkultur ist jedoch an den meisten Orten noch nicht darauf eingestellt, Lehre in virtuellen Räumen zu machen“, sagt Kruse. Das möchte das Netzwerk ändern.
Interdisziplinarität im Netzwerk
Seinen Ursprung hat uniVERSEty in der Gesellschaft für Informatik, doch weist es eine große fachliche Vielfalt unter den Mitgliedern auf: „Wir haben Personen, die primär an der Didaktik und an pädagogischen Fragen interessiert sind, andere sind mehr aus dem technischen Bereich. Einige versuchen, die 3D- und VR-Plattformen an den Hochschulen zu etablieren, andere entwickeln innovative Methoden oder wenden VR bereits an“, sagt Kruse, der die Professur für Digitale Medien und Gestaltung an der Fachhochschule Erfurt innehat und dort u.a. das Immersive Learning Lab leitet. Die Interdisziplinarität und der persönliche Umgang sind ihm zufolge eine besondere Qualität des Netzwerks, die die Mitglieder wahrnehmen und zu schätzen wissen.
Dass Lehre digital gestützt stattfindet, ist spätestens seit der Corona-Pandemie der Normalfall an Hochschulen. Was ist nun das Besondere an virtueller und erweiterter Realität (heute oft unter dem Begriff “XR” zusammengefasst)? „Es ist schwer, sich den Unterschied klarzumachen, wenn man noch nie eine VR-Brille aufhatte“, sagt Wittstock. „Man ist in einer virtuellen Welt und anders als bei einer Telefonkonferenz können – und wollen – Sie nichts nebenbei machen, Sie geben sich der Sache vollständig hin. In unseren Lernumgebungen ist man zusammen in einem Raum mit anderen Menschen. Es sind zwar Avatare, aber das vermittelt trotzdem ein Gefühl von sozialer Interaktion.“ Die optisch-räumliche sowie die auditive Wahrnehmung verleihen ganz neue Möglichkeiten der Wissensvermittlung, meint Wittstock.
Gegründet 2021 vom Immersive Learning Lab der FH Erfurt und dem XR HUB Bavaria als Initiative des Arbeitskreises „XR-Learning“ der Gesellschaft für Informatik (GI) mit dem Ziel, virtuelle Räume in der Hochschullehre zu etablieren, sich auszutauschen, zusammenzuarbeiten. Als eines von 22 Netzwerken erhält uniVERSEty im Rahmen der Ausschreibung „Fokus Netzwerke. Stärkung von Netzwerken als innovationsbefördernde Akteure“ seit April 2023 von uns eine Förderung über drei Jahre.
Ein idealer Projektraum?
Prinzipiell lässt sich jeder erdenkliche Projektraum in der virtuellen Realität modellieren. „Das ist ein großer Vorteil und gleichzeitig eine Challenge“, so Kruse. Denn einerseits braucht es viel technisches Wissen sowie zeitliche und finanzielle Ressourcen, um die virtuellen Räume zu bauen. Und andererseits braucht es die entsprechenden Lehrkonzepte. „Es gibt keine Selbstverständlichkeiten wie bei einem Seminar oder einer Vorlesung“, sagt Kruse. Es geht den Mitgliedern von uniVERSEty nicht darum, Formate wie Vorlesungen schlicht in den virtuellen Raum zu verlegen. Vielmehr wollen sie die spezifischen Möglichkeiten für gute Lehre ausloten, die in dieser virtuellen Kommunikations- und Kollaborationsform stecken.
Gerade dort, wo knappes Arbeitsmaterial oder der Zugang zu Maschinen benötigt wird, kann VR hilfreich sein, erklärt Wittstock. In der virtuellen Realität können Studierende beispielsweise das Bedienen einer Maschine üben, ohne teure Geräte zu beschädigen und ohne, dass für jede Person ein Gerät verfügbar sein muss. In virtuellen Laboren können Versuche simuliert und beliebig oft wiederholt werden, ohne das sonst benötigte Material zu verbrauchen. Ferner lässt sich im virtuellen Raum ortsunabhängig zusammenarbeiten, was für Kooperationen mit anderen Hochschulen und den internationalen Austausch vorteilhaft ist, meint Kruse.
„Austausch ist der Sinn der Wissenschaft“
Für die immersive Erfahrung in der virtuellen Realität ist eine VR-Brille unerlässlich. „Darum sind wir sehr froh darüber, durch die Förderung einen Ausleihservice für VR-Brillen anbieten zu können“, sagt Wittstock. So können Interessierte die Technologie einfach ausprobieren. Außerdem hat uniVERSEty eine jährliche Netzwerkkonferenz ins Leben gerufen, auf der sich die Mitglieder physisch treffen und austauschen. Das persönliche Zusammentreffen sei bei aller Begeisterung für die virtuelle Welt immer noch wichtig, da sind sich Wittstock und Kruse einig. „Es gibt insgesamt zu wenig Austausch zwischen den Hochschulen“, findet Wittstock. „Dabei ist es für mich der Sinn der Wissenschaft, sich auszutauschen und voneinander zu lernen – und nicht nur die Paper voneinander zu lesen.“
Gut aufgestellt für die Zukunft
Als Zusatzangebot zur Förderung konnten Kruse und Wittstock bei einem Coaching teilnehmen und wertvolle Impulse für ihre Netzwerkarbeit mitnehmen. Wittstock erzählt: „Vor allem der Austausch mit anderen Hochschulnetzwerken war sehr wertvoll, die Herausforderungen sind doch überall ähnlich. Insbesondere gab uns das Coaching neue Ideen, mit welchen Methoden die Kommunikation und interne Arbeit verbessert werden kann, damit das Netzwerk weiter wächst.“ Gemeinsam erarbeiteten sie Strategien, die Strukturen und Aktivitäten nach Ablauf der Förderung zu verstetigen.

Zur Autorin
Greta Lührs
Kommunikationsmanagerin
Greta Lührs ist Kommunikationsmanagerin der Stiftung Innovation in der Hochschullehre.