Beitrag vom
25.01.2024
KI-Kompetenzen stärken
KI schrittweise integrieren
Ein Beitrag von Lena-Sophia Pappert
KI-Kompetenzen sind überall an den Hochschulen ein Thema und auch in nicht-technischen Studiengängen gefragt – wie kann KI-Lehre in technikfernen Studiengängen gelingen?
Judith Borel: Das Verständnis für die Funktionsweise künstlicher Intelligenz und die Sicherheit im Umgang mit KI- Systemen kann in diesen Studiengängen durch eine schrittweise Annäherung an das Thema gefördert werden. So kann Neugierde geschaffen und Überforderung vermieden werden. KI-Lehre sollte dabei an der Lebenswelt Studierender anknüpfen und Verbindungen zum jeweiligen Fachgebiet herstellen. Lehrende können beispielsweise in interaktiven Lehrformaten einsteigerfreundliche KI-Tools und Plattformen einsetzen. Diese ermöglichen es den Studierenden, auch ohne umfassende Programmierkenntnisse erste Praxisanwendungen sowie Chancen und Grenzen verschiedener Hilfsmittel kennenzulernen. In den Geisteswissenschaften können beispielsweise generative KI Tools (wie ChatGPT) dazu eingesetzt werden, Texte zu analysieren und zusammenzufassen, Hypothesen zu generieren, unterstützende Übungsaufgaben zu erstellen oder sogar einen sokratischen Dialog zu simulieren. Durch die Reflexion der erzielten Ergebnisse wird nicht nur das kritische Denken der Studierenden gestärkt, sondern auch ihre Fähigkeit, KI als lernförderndes Werkzeug zu nutzen. Darüber hinaus können Lehrende laufende Forschungsprojekte innerhalb des Studienschwerpunkts mit Verbindung zu KI sowie übergreifende Themen wie beispielsweise ethische und soziale Implikationen thematisieren. Auch interdisziplinäre Projektarbeit eignet sich, um Studierenden eher technikferner Studiengänge Einsatzmöglichkeiten von KI näherzubringen und vom Austausch mit technisch versierten Kommiliton:innen zu profitieren.
Welche Kompetenzen sind auf Ebene der Lehrenden und auf Ebene der Studierenden wichtig?
Borel: Der kompetente Umgang mit KI und KI-Systemen erfordert eine Reihe technischer, aber auch nicht-technischer Fähigkeiten. Zunächst sollte ein grundlegendes Verständnis des Konzepts KI und zentraler Funktionsweisen entwickelt werden. Studierende und Lehrende sollten in der Lage sein, die Möglichkeiten und Grenzen von KI-Anwendungen einschätzen und Daten entsprechend einordnen zu können. Die souveräne Nutzung dieser Anwendungen erfordert zudem die Fähigkeit, Lösungen für komplexe Probleme entwickeln und Zusammenhänge reflektieren zu können. Wichtig sind auch Verantwortungsbewusstsein und Sensibilität für die potenziellen Auswirkungen von KI-Technologien hinsichtlich ethischer und sozialer Herausforderungen, die mit deren Weiterentwicklung einhergehen. Das sind erste wesentliche Aspekte – angesichts der dynamischen Entwicklung des Feldes sind die Bereitschaft und die Fähigkeit, sich kontinuierlich weiterzuentwickeln von zentraler Bedeutung.
Zur Person
Judith Borel
Judith Borel ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Karlsruher Institut für Technologie. Am Zentrum für Mediales Lernen beschäftigt sie sich mit Fragen und innovativen Ansätzen rund um digitales Lehren, Lernen und Prüfen an der Hochschule.
Viele Lehrende beschäftigen sich ja sonst nicht mit technischen Themen – wie können sie es schaffen, einen Einstieg in das Thema zu finden?
Borel: Der Einstieg in das Thema kann zunächst herausfordernd erscheinen. Inzwischen existiert allerdings ein breites Angebot an Selbstlernressourcen, Workshops und Schulungen: Sie beleuchten das Thema aus verschiedenen Perspektiven in nicht-technischer Sprache und ermöglichen damit einen praxisorientierten Einstieg. Dort werden beispielsweise Einsatzmöglichkeiten von KI-Anwendungen für die Lehrplanung und -gestaltung aufgezeigt oder Ansätze für die curriculare Verankerung des Themenfelds diskutiert. Ein solches KI-bezogenes Qualifizierungs- und Unterstützungsangebot hält aktuell das Netzwerk Landeseinrichtungen für digitale Hochschullehre (NeL) in Zusammenarbeit mit der StIL bereit. Ein weiterer möglicher Anlaufpunkt für Lehrende ist der KI-Campus – eine Lernplattform für Künstliche Intelligenz mit kostenlosen Online-Kursen, Videos und Podcasts zur Stärkung von KI- und Datenkompetenzen. Über hochschulübergreifende Formate wie den Think Tank „Digitale Tools für die Lehre“ können Lehrende mit Kolleg:innen in den Austausch kommen und begleitet von Expert:innen verschiedene KI-Tools und Plattformen erproben.
Sie haben es angesprochen: KI-Tools werden rasant weiterentwickelt. Was raten Sie Lehrenden, die sich angesichts des Tempos überfordert fühlen?
Borel: Die Fülle an Informationen zum Thema KI ist enorm. Das kann besonders für Menschen, die sich nicht kontinuierlich mit technischen Entwicklungen auseinandersetzen, durchaus herausfordernd sein. Um hier den Überblick behalten zu können, ist es hilfreich, sich ein grundlegendes Verständnis der Technologie aufzubauen und sich auf die Anwendungsfelder zu fokussieren, die für die eigene Lehre und Forschung am relevantesten sind. Der Austausch mit anderen Lehrenden in Communities oder auf Veranstaltungen kann hilfreich sein, um Inspirationen zu erhalten, Erfahrungen zu teilen oder Lösungsansätze für gemeinsame Herausforderungen zu diskutieren. Ergänzend können zielgruppenspezifische Lern- und Weiterbildungsangebote genutzt werden. Allem voran ist es wichtig, sich realistische Ziele zu setzen und zu akzeptieren, dass KI-Verstehen ein kontinuierlicher Prozess ist.
Veranstaltungsreihe: KI-Kompetenzen für Lehrende
Am 26. Januar findet zum Thema KI-Kompetenzen in technikfernen Studiengängen ein Workshop vom Hochschulnetzwerk Digitalisierung der Lehre Baden-Württemberg statt. Die Veranstaltung ist Teil der von uns geförderten KI-bezogenen Qualifizierungs- und Unterstützungsangebote des Netzwerks Landeseinrichtungen für digitale Hochschullehre (NeL). Jetzt für bundesweit zahlreiche Veranstaltungen anmelden.
Alle Informationen zum Programm gibt es auf unserer Seite.
An welchen Stellen können Synergien zwischen technischen und technikfernen Studiengängen geschaffen werden, um KI in den Curricula zu verankern?
Borel: Das ist an mehreren Stellen möglich: Potenzielle Ansatzpunkte sind Gastvorträge, in denen erfolgreiche Anwendungsfälle präsentiert und Erfahrungen geteilt werden können, oder überfachliche Qualifizierungsangebote, die Ansätze der curricularen Integration beleuchten. So gibt es Raum, um den Austausch zwischen Lehrenden herzustellen und die Vielfalt der Anwendungsmöglichkeiten von KI-Systemen in der Lehre aufzuzeigen. Disziplinübergreifende Forschungsprojekte und Lehrkooperationen bieten eine weitere Chance, den Themenbereich KI sowohl als Lehrinhalt als auch in Form von lernunterstützenden Anwendungen in die Lehre zu integrieren. So bietet beispielsweise die Universität Hohenheim ein überfachliches Lehrangebot zum Thema Künstliche Intelligenz, Data Science und Scientific Computing. Es steht Studierenden aller Fakultäten offen und ermöglicht ihnen die Wahl verschiedener Schlüsselkompetenzkurse als Zusatzqualifikation.