Beitrag vom
18.04.2023
Studie zu OER
Infrastruktur stärken
Ein Beitrag von Dr. Klaus Wannemacher
Offene Bildungsinfrastrukturen ermöglichen Studierenden den uneingeschränkten Zugriff auf frei verfügbare Lehr- und Lernmaterialien, erweitern hochschuldidaktische Möglichkeiten und tragen zur Sichtbarkeit von Lehrexpertise bei. Gleichwohl erschweren diverse Hürden bislang eine breitere Integration der bestehenden OER-Portale, -Plattformen und -Tools. Vor diesem Hintergrund wurde in der Untersuchung zunächst mittels einer Literaturanalyse, eines Expert:innen-Workshops sowie von Leitfadeninterviews eine überblicksartige Darstellung OER-förderlicher IT-Infrastrukturen für die Hochschulen erarbeitet. Zudem wurden Anforderungen an offene Bildungsinfrastrukturen aus technischer, hochschuldidaktischer und bildungsorganisatorischer Perspektive ermittelt und potenzielle Entwicklungsschritte definiert.
Es mangelt an Mechanismen, die eine leichtere
Auffindbarkeit und Weiternutzung von OER ermöglichen.
Als zentrale Herausforderungen erweisen sich erstens die Vernetzung bestehender Portale und Tools durch die Nutzung eines allgemein anerkannten Metadatenprofils und Standardvokabulars für Lehr- und Lernmaterialien und zweitens eine stärkere Vernetzung bestehender Infrastrukturen durch einen Aggregationsmechanismus für digitale Lernressourcen. Hinzu kommt drittens eine bessere Interoperabilität der maßgeblichen Infrastrukturen durch das Schaffen von Schnittstellen und das Nutzen von Plug-ins. Auch mangelt es viertens an Mechanismen, die eine leichtere Auffindbarkeit und Weiternutzung sowie eine Automatisierung der Veröffentlichung von OER ermöglichen.
Einheitlicher Metadatenstandard
Auf Grundlage dieser und weiterer Befunde werden im Abschlussbericht umfangreiche Schlussfolgerungen und Handlungsempfehlungen für den Bereich der offenen Bildungsinfrastrukturen auf technologischer, didaktischer, organisationaler und politischer Ebene gezogen.
Inhalte, die auf verschiedenen Portalen liegen, sollten verbunden werden.
Aus technologischer Sicht sollte zur Verbesserung der Interoperabilität und Integration eines pluralen Angebots an Systemen auf Ansätze der Content-Syndication gesetzt werden. Das bedeutet, dass die Inhalte, die auf verschiedenen Portalen liegen, verbunden werden sollten. Dies würde eine Vernetzung von OER-Portalen und Lernplattformen (LMS) an den Hochschulen deutlich begünstigen. Einen Beitrag zur Integration bestehender Angebote können auch Single Digital Gateway-Strukturen leisten, die mittels einer einmaligen Anmeldung die Suche und Nutzung von OER in verschiedenen Portalen deutlich vereinfachen würden. Auch sollten durch die Entwicklung und Festlegung eines einheitlichen Metadatenstandards Grundlagen für eine automatisierte Erhebung von Metadaten geschaffen und Upload-Prozesse für OER weiter automatisiert werden.
Projektbericht: Offene Bildungsinfrastrukturen
Auf Anforderungen verständigen
In hochschuldidaktischer Hinsicht sollten OER so gestaltet sein, dass eine didaktische Rahmung und Zuordnung zu konkreten pädagogischen Anwendungsfällen erfolgen kann. Seitens der Hochschulen sollte angestrebt werden, dass OER-Prozesse nahtlos in allgemeine Lehrprozesse integriert werden können, um Lehrenden das Suchen und Finden von OER ebenso wie das Bereitstellen eigener Lehrmaterialien als OER mit geringem Aufwand zu ermöglichen.
Zentrale Einrichtungen an den Hochschulen sollten sich auf OER-basierte Lehrformen spezialisieren.
Im Hinblick auf die organisationale Verortung OER-bezogener Bildungsprozesse sollte eine Aggregationsinstanz etabliert werden, die verteilte OER-Bestände im Sinne eines Nachweissystems integriert und deren Auffindbarkeit unterstützt. Akteure aus dem Bereich der OER-Portale, Open-Source-LMS und Hochschulen sollten sich künftig auf gemeinsame Anforderungen an offene Bildungsinfrastrukturen verständigen. Zudem sollten sich zentrale Einrichtungen an den Hochschulen ausgiebiger auf OER-basierte Lehrformen spezialisieren. Hochschulbibliotheken könnte beispielsweise potenziell auch eine Funktion als internen OER-Dienstleistern zufallen.
Diese und weitere Handlungsempfehlungen sollen zentrale Akteure wie die staatlichen Mittelgeber auf Bundes- und Landesebene, Vernetzungseinrichtungen, OER-Portale und die Hochschulen zur Stärkung des infrastrukturellen Rückgrats einer Open Education an den Hochschulen ermutigen. Nur durch gemeinsame Anstrengungen zugunsten integrierter offener Bildungsinfrastrukturen werden Hochschulen die Potenziale einer Öffnung der Lehre künftig nachhaltig ausschöpfen können.
Zum Autor
Dr. Klaus Wannemacher
Dr. Klaus Wannemacher studierte Germanistik und Evangelische Theologie an Universitäten in Göttingen, San Diego und Heidelberg. Er befasst sich bei HIS-HE in Forschungsprojekten mit dem Einsatz digitaler Lehr- und Lernformate an den Hochschulen. Zu seinen Schwerpunkten zählen unter anderem Zukunftskonzepte der Hochschulbildung und die Qualitätsentwicklung für freie Lehr- und Lernmaterialien.