Lehrarchitektur fördern
Ein Beitrag von Dr. Cornelia Raue
Strukturelle Erneuerung ist dringlich – in vielen gesellschaftlichen Bereichen. Wir setzen bei der Lehre an. Die Modellprojekte aus unserer Förderung „Lehrarchitektur“ werden die Vielfalt des Hochschulsystems bereichern. Hochschulangebote sollen damit besser zu den wachsenden und pluraler werdenden individuellen und gesellschaftlichen Anforderungen passen.
Denn die Lehre an den Hochschulen ist das Fundament unserer Zukunft als Wissensgesellschaft: Was im ersten Semester im Hörsaal, im Seminar oder Labor als Grundlage gelegt wird, trägt zur Bewältigung unserer gesellschaftlichen Herausforderungen bei. Oder umgekehrt, was in Studium und Lehre versäumt wird, fehlt später an Kompetenz in den akademischen Berufen, beim Innovationstransfer, in der Grundlagenforschung.
Um diese zentrale Aufgabe langfristig in einer sich ständig verändernden Umwelt erfüllen zu können, benötigen Hochschulen neue Möglichkeiten, strukturelle Innovationen zu erproben und nachhaltig zu verankern. Mit der Ausschreibung „Lehrarchitektur“ eröffnen wir diese Möglichkeiten. Damit erfüllen wir einen wesentlichen Auftrag, den bereits die Verwaltungsvereinbarung von 2019 formuliert: die strategisch-strukturelle Stärkung der Hochschulen in Studium und Lehre.
Die Förderung wird diejenigen Hochschulen stärken, die eine vorausdenkende Entwicklung der Hochschullehre als strategische Aufgabe setzen, etablierte Ansätze in Studium und Lehre auf den Prüfstand stellen und mutig bei der Implementierung innovativer Strukturen in der Hochschullehre vorangehen.
Raum für Kreativität
Dafür wünschen wir uns Projekte mit Impact und daraus erwachsender Strahlkraft; Projekte, die mit struktureller Reichweite und realistischer Aussicht auf Verstetigung Lehre und Lernen institutionell neu denken. Gerade in Zeiten sich verstärkender politischer und gesellschaftlicher Erwartungen, verbunden mit erheblichen Sparvorgaben, ist es geboten, den teilweise paradoxen Herausforderungen mit Kreativität und Mut zu begegnen. Nur mit neuen Ideen für flexible Strukturen und nachhaltige Prozesse in der Lehre können Hochschulen ihre zentrale gesellschaftliche Rolle erhalten und ihre Zukunftsfähigkeit stärken.
Die inhaltliche Expertise verbleibt bei den Hochschulen. Sie haben den Überblick über die konkreten und vielfältigen Veränderungsnotwendigkeiten und sie sollen sie auch zielgerichtet und nachhaltig bearbeiten. Ganz bewusst verzichten wir auf eine inhaltliche Zielvorgabe, die das Neudenken einschränken und von vornherein auf ein erwartbares Maß oder ein etabliertes Thema reduzieren oder gar Anreize für Vorhaben bieten würde, für die es bis dato gar keinen Bedarf gab.
Lehrarchitektur
Kritische Reflexion gewünscht
Daher haben wir uns für eine offene Ausschreibung entschieden, die den Hochschulen bei der Antragstellung neben den natürlich notwendigen Kriterien der Form und Qualität große Freiheiten bei der inhaltlichen Ausgestaltung lässt. Anschließend an die epistemischen Prinzipien guter Wissenschaft wünschen wir uns eine kritische Reflexion der bestehenden Strukturen im Bereich Studium und Lehre. Die Projektvorhaben werden wissenschaftlich vom Ausschuss für Projektauswahl ausgewählt. Dafür sollten die Vorhaben Projektziele und Zielindikatoren präzise formulieren und damit verbundene Wirkannahmen darlegen.
Die Projekte können sich in der Veränderung von Grund-, Fachbereichs- bzw. Fakultätsordnungen, Studiengangs- und Prüfungsordnungen, Curricula, Berufungsverfahren und vielen anderen Bereichen niederschlagen. Im Zuge der Strukturveränderungen können verstärkt Prozesse und Verfahren aufeinander abgestimmt bzw. in ihrer Zielsetzung neu ausgerichtet werden und nicht zielführende Aktivitäten eingestellt werden. Spannend wären auch Projekte mit dem Ziel, den Übergang zu weniger Regelungen zu ebnen.
Um die mitunter komplexen Projektziele erreichen und auch institutionell gut integrieren und verankern zu können, bietet „Lehrarchitektur“ den Hochschulen einen vergleichsweise langen Förderzeitraum von bis zu sechs Jahren. Damit folgen wir den Empfehlungen aus der Evaluation des Qualitätspakts Lehre. Mit diesem Ermöglichungsraum starten wir in das Jahr 2024 und eröffnen einen Wettbewerb um die besten Strukturen für Lehre und Studium.
Zur Autorin
Dr. Cornelia Raue
Geschäftsführender Vorstand
ist Geschäftsführender Vorstand der Stiftung Innovation in der Hochschullehre.