Transfer? – Check(liste)!
Ein Beitrag von Greta Lührs
Wie kann Transfer gelingen? Was braucht ein Projektteam, um nicht erst nach Abschluss, sondern schon während der Planung und Durchführung eines Projektes die Übertragbarkeit der Ergebnisse in den Blick zu nehmen? Auf einem von uns organisierten Barcamp, das den Auftakt zum Begleitprogramm dieser Förderlinie bildete, fand sich die „AG Transfer“ zusammen, eine Gruppe aus Interessierten von unterschiedlichen Universitäten und Hochschulen, die an diesen Fragen praktisch arbeiten wollten. Das Ergebnis: Die Transfer-Checkliste. Ein Werkzeug, das dabei hilft, Projektergebnisse und Prozesse zu transferieren. Die Liste ist als Datenbank online aufrufbar, das zugehörige Workbook lässt sich downloaden und digital bearbeiten oder ausdrucken.
Dr. Sanne Ziethen von der Stiftung Universität Hildesheim ist Transferbeauftragte in dem Projekt „Digital C@MPUS-le@rning“ und Mitglied der AG Transfer. „Es gibt Forschungen über die Herausforderungen von Transfer und Projektmanagement-Handreichungen, doch zu der Frage, wie Praktiker:innen vor Ort Transfer gestalten können, gibt es deutlich weniger“, erzählt Ziethen. Die AG Transfer geht von ihren eigenen Erfahrungen im Bereich Transfer aus, um anderen Hilfestellung anzubieten. „Man ist sonst mit dem Thema sehr allein“, meint Ziethen. „Natürlich hat man ähnliche oder sogar gleiche Herausforderungen, geht sie aber völlig unterschiedlich an. Wir wollten daraus etwas Produktives machen.“ Ziethen versteht Transfer nicht als bloßes Übertragen von fertigen Lehr-Lern-Konzepten, sondern als „fluiden Bearbeitungsprozess“. Daher ist die Checkliste auch keine Transfer-Anleitung, sondern vielmehr ein Reflexionstool: Sie enthält viele Fragen, die helfen, das eigene Projekt in Bezug auf die Übertragbarkeit zu untersuchen. Da Projekte sehr individuell seien, müsse auch der Transfer projektspezifisch gedacht werden, so Ziethen.
Besonders sinnvoll ist es, schon während der Antragsphase eines Projektes mit der Liste zu arbeiten. Sie ist für jeden Projektabschnitt und jede beteiligte Person gedacht, von der Leitungs- und Koordinationsebene bis zu den Mitarbeitenden, und berücksichtigt auch die Herausforderungen in Verbund-Projekten. In der Liste sind Projektzeiträume mit verschiedenen Farben gekennzeichnet, ebenso wie transferspezifische Unterkategorien. „Dadurch kann man systematisch auf eine bestimmte Projektphase schauen“, erklärt Johanna Springhorn von der Universität Bielefeld, Koordinatorin des Projekts „BiLinked“ und ebenfalls in der AG Transfer. Es geht zum Beispiel um Fragen wie: Was sind unsere Transfergegenstände? Was für Handlungsfreiräume haben wir? Wer ist für den Transfer verantwortlich? Oder: Wie schaffen wir Begeisterung für Transfer innerhalb des Teams?
Oft ist schon die Frage nach den Transfergegenständen gar nicht so leicht zu beantworten. Um zusätzliche Inspiration für den Arbeitsprozess zu liefern, sind in der Checkliste auch einige beispielhafte Maßnahmen und Anregungen hinterlegt, die es leichter machen, die Fragen zu beantworten. Ziethen möchte dazu ermutigen, Transfer nicht zu eng zu verstehen: Nicht nur Konzepte gehören dazu, es können auch Misserfolge sein, Kommunikationsmaßnahmen oder technisches Know-How. „Maßnahmen können ganz klein und ganz groß sein: eine ganze Veranstaltung, eine Lehreinheit oder eine Mailvorlage“, sagt auch Springhorn. Die Liste könne helfen, das eigene Projekt, das dort erarbeitete Wissen sowie die Zuständigkeiten, Rollen und Möglichkeiten besser zu fassen. „Es geht auch darum, die eigene Hochschulorganisation zu verstehen. Wenn man die nicht kennt, ist es schwer, Transfer zu gestalten“, meint Ziethen. Darum sei es wichtig, sich zu fragen, wo die eigenen Grenzen liegen und mit wem man sich zusammentun kann, um weiterzukommen.
Nicht immer stößt das Thema Transfer unmittelbar auf Zustimmung. „Transfer wird oft als Mehraufwand gesehen, der keinen individuellen Nutzen bringt“, so Ziethen. „Man entwickelt ein Lern-Konzept, um es in der eigenen Lehre anzuwenden und möchte die Übertragbarkeit vielleicht gar nicht mitdenken.“ In solchen Fällen bedarf es Überzeugungsarbeit und auch hier kann die Checkliste helfen, indem sie entsprechende Fragen und Anregungen bereithält. „Wir sagen nicht, dass Transfer einfach ist und nebenbei funktionieren kann“, meint Springhorn, „aber man kann ihn koordiniert angehen, ins Blickfeld rücken.“
Zu den Personen
Zur AG Transfer gehören:
Dr. phil. Sanne Ziethen
Verantwortet die Bereiche Transfer, Vernetzung, Lehr-Lernberatung und Kommunikation des von uns geförderten Projekts „Digital C@MPUS-le@rning“ an der Stiftung Universität Hildesheim.
Johanna Springhorn
Ist Projektkoordinatorin des von uns geförderten Projekts „BiLinked“ an der Universität Bielefeld.
Marina Friedrich-Schieback
ist Projektmanagerin des von uns geförderten Projekts „InnoMA“ an der Universität Mannheim.
Sabrina Zeaiter
war leitende Gesamtkoordinatorin des „Digital Teaching and Learning Lab“ (DigiTeLL). Sie ist Referentin für Digitalisierung (Studium und Lehre) an der Goethe Universität Frankfurt.
Christian Kny
ist Projektkoordinator des von uns geförderten Projekts „4D“ an der Universität Freiburg.
Lorenz Mrohs
ist Projektkoordinator des von uns geförderten Projekts „Digitale Kulturen der Lehre entwickeln (DiKuLe)“ an der Universität Bamberg.
Susanne Iris Bauer
ist Projektkoordinatorin des von uns geförderten Verbund-Projekts „H³ – HyFlex, HighTech und HighTouch“ an der Hochschule Fulda.
Dafür, sich um Transfer zu bemühen, spricht aus Sicht der AG Transfer nicht nur, dass er oftmals schon im Projektantrag vorgegeben ist. Für Ziethen liegt die Faszination in dem gemeinsamen Prozess des Anpassens: „Es macht mir Spaß, mich zu fragen: Dieses Konzept funktioniert bei mir gut, was braucht es, damit es bei dir auch klappt?“ Ferner sei Transfer eine gute Möglichkeit, Arbeitsergebnisse einer breiteren Masse bekannt zu machen. „Transfer von innovativen Konzepten ist auch eine Veränderung der Lehr-Lern-Kultur“, erklärt Springhorn. „Wenn innovative Ideen transferiert werden, schafft das einen kulturellen Mehrwert. Das Tolle an Transfer als Prozess ist, dass es echten Austausch gibt und es nicht bei einer Publikation bleibt.“
Checkliste und Workbook sind online frei zugänglich. Auf Nachfrage kann die AG Transfer den Einsatz begleiten. Insgesamt bekommt die Gruppe viel positive Resonanz auf ihre Arbeit: „Wir bekommen aus der Community gespiegelt, dass der Austausch über Transfer sehr wertvoll ist“, so Springhorn. Sowohl die Checkliste als auch das Workbook werden laufend überarbeitet. Dafür greift die Gruppe gerne Feedback von Tagungen und Workshops auf. Auch arbeiten bereits einige Projekte mit der Liste, die Evaluation steht jedoch noch aus. Die Gruppe freut sich über weitere Projekte, die das Tool testen wollen – um es noch besser zu machen, damit Learnings aus Lehr-Lern-Projekten nicht verschwinden, sondern weiter genutzt werden können.
Zur Autorin
Greta Lührs
Greta Lührs ist Kommunikationsmanagerin der Stiftung Innovation in der Hochschullehre.