Beitrag vom
10.06.2022
Ausschuss zur Projektauswahl
Die studentische Perspektive einbringen
Ein Beitrag von Dr. Matthias Klein
„Lehre ist dann für mich besonders gut, wenn sie direkt am Puls der Zeit ist.“
Wenn ganz neue Erkenntnisse Thema sind, dann hört er besonders genau zu. Aktuelle Forschung, innovative Entwicklungen faszinieren Joshua Weygant. „Lehre ist dann für mich besonders gut, wenn sie direkt am Puls der Zeit ist“, sagt er. „Und es ist einfach klasse, wenn man den Lehrenden die Begeisterung anmerkt – ganz egal, wie lange sie schon an einem Thema arbeiten.“ Die Perspektive der Studierenden einzubringen, liegt dem 27-Jährigen am Herzen. Deshalb engagierte er sich in unserem Ausschuss zur Projektauswahl für die Ausschreibung „Hochschullehre durch Digitalisierung stärken“.
Nicht aus der Welt
Die Geschichte beginnt in Rüsselsheim. Weygant ist Erstakademiker, beide Eltern haben keinen Studienabschluss. Nach dem Abitur studiert er zunächst Physik, aber es ist nicht das Richtige für ihn. Er wechselt zur Physikalischen Technik an der Hochschule RheinMain. „Wir haben in kleinen Gruppen gearbeitet, das war sehr gut für mich“, erzählt er. „Und man kannte die Lehrenden persönlich. Sie waren nicht sozusagen aus einer anderen Welt, sondern Menschen wie du und ich.“
An der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau schließt er einen Master in Mikrosystemtechnik an. Dort findet er sein Thema: Der 3D-Druck von Zellen begeistert ihn. Vereinfach gesagt geht es darum, eines Tages vielleicht in einem 3D-Drucker auf Basis von körpereigenen Zellen Organe künstlich herstellen zu können. „Ob das tatsächlich so kommt oder Science Fiction bleibt, ist noch nicht abzusehen“, erläutert Weygant. „Aber die Möglichkeiten sind riesengroß. Das ist total spannend.“
Am frühen Nachmittag deutscher Zeit ist er per Videokonferenz aus Harvard zugeschaltet. Dort ist gerade früher Morgen, „so gar nicht meine Zeit“, sagt er und lacht. Hier in den USA arbeitet Weygant seit Kurzem als Research Trainee im „Brigham and Women’s Hospital“, Lehrinstitut der Harvard Medical School.
Zur Person
Joshua Weygant
Studentisches Mitglied im Ausschuss zur Projektauswahl „Hochschullehre durch Digitalisierung stärken“.
In Gremien aktiv
„Es war toll zu erleben, wirklich etwas zu verändern.“
Dass die Wissenschaft einmal so sehr sein Thema werden könnte, habe er lange nicht gedacht, erzählt er. „Ich hatte keinen direkten Zugang zu Studium und Bildung, das war für mich zunächst weit weg.“ Nach und nach habe sich ihm diese Welt erschlossen. „Ich habe dann begonnen, mich in Hochschulgremien politisch zu engagieren, weil ich etwas bewegen wollte. Ich denke, dass es vielen so geht wie mir, für viele ist ein Studium nichts Selbstverständliches. Es war toll zu erleben, wirklich etwas zu verändern.“
In seiner Zeit an der Hochschule RheinMain kam er zu Lehrehochn, dem Bündnis für Hochschullehre. Durch Christiane Jost, Vizepräsidentin der Hochschule RheinMain, stieß er auf die Möglichkeit, bei der damals gerade neu gegründeten Stiftung Innovation in der Hochschullehre studentisches Mitglied im Ausschuss zur Projektauswahl zu werden. Dieser wählt die Förderprojekte in einem wissenschaftsgeleiteten, qualitätsbasierten Antragsverfahren aus und entscheidet abschließend über die Förderung. Der Ausschuss besteht aus Expert:innen aus Hochschulen und Wissenschaft sowie Vertreter:innen der Länder und des Bundes. Unter den Expert:innen sind stets zwei Studierende.
Weygant war im Ausschuss zur Ausschreibung „Hochschullehre durch Digitalisierung stärken“ dabei. Für ihn selbst ist digitale Lehre sehr wichtig. An der Universität Freiburg habe er in seinem Studiengang erlebt, dass fast alle Vorlesungen gefilmt und digital zur Verfügung gestellt wurden. „Ich habe manche Veranstaltungen drei Mal angeschaut, dann hatte ich die Inhalte richtig verstanden. Einfach klasse, dass das möglich ist.“
„Ich hatte ganz schön Respekt vor der Aufgabe. Das Gremium entscheidet über große Projekte und große Summen.“
Und wie war die Arbeit in dem Ausschuss? „Ich hatte ganz schön Respekt vor der Aufgabe“, berichtet er im Rückblick. „Das Gremium entscheidet ja über große Projekte und große Summen. Und es sind Projekte dabei, die wirklich die Hochschulen verändern können.“
Auf Augenhöhe
Zunächst habe er sich in die Anträge eingelesen, erzählt Weygant. „Das war schon ein bisschen Arbeit, ich habe mehrere Tage dafür investiert.“ Im Mai 2021 traf der Ausschuss dann auf Basis externer Gutachten und der Empfehlung seiner wissenschaftlichen Mitglieder die abschließende Förderentscheidung. „Ich wollte in die Gespräche einbringen, was ein Projekt für die Studierenden bedeuten würde“, sagt er.
In den Debatten habe ihm vor allem die Atmosphäre gefallen: „Es war ein guter Mix aus Ernsthaftigkeit und Herzlichkeit. Obwohl wir zwei Studierende ja deutlich jünger als die anderen waren, haben sie unsere Argumente ernst genommen. Wir haben auf Augenhöhe gesprochen.“
„Bei manchen Hochschulen ging es um Basics, andere sind schon versiert mit künstlicher Intelligenz.“
Inhaltlich habe ihn an den Anträgen besonders die große Bandbreite fasziniert, sagt er. „Man konnte gut sehen, wie unterschiedlich weit die Hochschulen beim Thema Digitalisierung gerade sind. Bei manchen ging es eher um Basics, andere sind schon versiert mit künstlicher Intelligenz unterwegs. Das war sehr spannend.“
Netzwerk geknüpft
Inzwischen arbeitet Weygant an einer Karriere in der Wissenschaft, er möchte gerne promovieren. „Ich habe durch mein Engagement im Ausschuss zur Projektauswahl gelernt, wie wichtig Netzwerke sind“, sagt er. „Je tiefer man in ein Thema einsteigt, desto kleiner wird die Welt. Es war interessant, so viele spannende Menschen aus der Lehre kennenzulernen.“
Er habe aus der Nähe beobachten können, was es braucht, damit ein Projekt zum Erfolg werden kann. „Ich habe vor allem eines für mich mitgenommen“, berichtet Weygant. „Meine Devise ist: Ich traue mich, Ideen vorzutragen. Vielleicht ist etwas nicht ganz perfekt. Aber wenn man sich nicht traut, etwas zu sagen, kann man nichts gewinnen.“