Beitrag vom
14.11.2023
Lehren im Leben
Prof. Dr. Katharina Zweig
Zur Person
Prof. Dr. Katharina Zweig
Prof. Dr. Katharina A. Zweig ist Leiterin des Algorithm Accountability Labs an der RPTU in Kaiserslautern. Sie studierte Biochemie und Bioinformatik. Heute forscht und berät sie zur vertrauenswürdigen Erstellung und Nutzung von Software. Mit ihrem Buch „Ein Algorithmus hat kein Taktgefühl“ wurde sie 2019 Bestsellerautorin. Kürzlich ist ihr Buch „Die KI war’s! Von absurd bis tödlich: Die Tücken der künstlichen Intelligenz“ erschienen.
Fotocredit: © Felix Schmitt, www.felixschmitt.com
1. Wenn Sie sich zurückerinnern: Was haben Sie als erstes bewusst gelernt?
Ich habe als Kind zum Geburtstag ein Origamibuch bekommen und dann zusammen mit meiner Oma enträtselt, wie man einen Origamikranich faltet.
2. Und was haben Sie zuletzt gelernt?
Ich habe in den letzten Jahren viel zur Erkenntnistheorie gelernt – und privat das Zeichnen auf dem iPad.
3. Was mussten Sie schmerzhaft lernen?
Glücklicherweise nicht so viel. Solange ich noch etwas aus einer Sache lernen kann, geht es mir schon deutlich besser, als wenn ich nichts daraus lernen kann.
4. Welche Erinnerungen verbinden Sie mit Ihrer Schulzeit?
Wir hatten einen Altgriechischlehrer, der eine extra Wohnung nur für seine Forschung hatte. Er ließ bei seiner Pensionierung mitten im Schuljahr den Griffel fallen, um sich nur noch seiner Forschung zu widmen. Das war zwar etwas merkwürdig, aber ich fand seine Hingabe beeindruckend.
5. Was hat Sie in Ihrem Studium an der Lehre begeistert – und was gestört?
Die Vielfalt der Themen, mit denen ich mich beschäftigen durfte, hat mich begeistert. Ich habe zudem die Freiheit genutzt, allein oder mit einer kleinen Gruppe zu lernen, anstatt in die Vorlesung zu gehen, falls mir die Art der Lehre nicht so gefallen hat.
6. Was hat Sie dazu gebracht, selbst lehren zu wollen?
Ich habe schon immer gerne gelehrt, schon als Schülerin Nachhilfe gegeben. Auch deswegen, weil ich selbst Inhalte besser durchdringe, wenn ich sie lehre.
7. Was haben Sie von Ihren Studierenden gelernt?
Wie wichtig die Kommunikation und Transparenz über alle Entscheidungen rund um Studium und Lehre ist.
8. Was macht gute Lehre aus?
Authentizität, Begeisterung für das eigene Fach, Offenheit.
9. Von wem hätten Sie gerne mehr gelernt?
Wenn Zeitreisen möglich wären, würde ich gerne von Leonardo da Vinci lernen. Seine Art, die Welt zu beobachten und Neues zu entwickeln, scheint mir auch heute noch wegweisend.
10. Was mussten Sie lernen, wollten es aber nie?
Im Nachhinein wäre ich lieber auf ein technisches als auf ein humanistisches Gymnasium gegangen.
11. Was würden Sie gerne lehren können?
Ich hätte gerne noch mehr Grundlagen in der (statistischen) Physik, der Philosophie und den Rechtswissenschaften, um noch besser die interdisziplinären Technikfolgen von Software in gesellschaftlichen Prozessen beschreiben und bessere Regulierungen vorschlagen zu können.
12. Welche Innovation halten Sie für überschätzt?
Ich halte KI sowohl für überschätzt, zum Beispiel im Bereich der kognitiven Fähigkeiten, als auch für massiv unterschätzt in der Art und Weise, wie sie unser Leben umkrempeln wird.
13. Und auf welche Innovation warten Sie?
Ein responsives zweites Gehirn, in dem ich Ideen und Erlebnisse speichern kann. Bisher habe ich statische Lösungen, in denen ich aber nicht immer alles wiederfinde. Hier hoffe ich auf eine gute KI-Lösung.
14. Welches Problem können Sie gerade nicht lösen?
Ein Luxusproblem: Wie ich den vielen Anfragen rund um KI am besten begegne.
15. Aus guten Büchern kann man viel lernen. Was lesen Sie gerade – und was lernen Sie dabei?
Wie immer mehrere Bücher parallel – Wissenschaftstheorie, Entscheidungspsychologie, Wissenschaftsgeschichte, ein Buch über Shitstorms in den sozialen Medien.
16. Nehmen Sie uns mit in die Zukunft: Wie sieht Lehre in 50 Jahren aus?
Ich glaube, dass die Zukunft Varianten des Flipped Classroom-Modells vorbehalten sein wird. Vermutlich wird es KI-Dialogsysteme geben, mit denen Studierende erst einmal ihr theoretisches Grundlagenwissen festigen können, bevor es dann mit uns Professor:innen in den Transfer geht.