Digital fit durch Vorkurse
Ein Beitrag von Antonia Hildebrandt
Wie funktioniert eine ordentliche Literaturrecherche? Wie verarbeite ich Text korrekt? Welche Suchmaschinen gibt es und wie suche ich richtig? Studienanfänger:innen müssen diese Fragen nicht mehr ihren Dozent:innen, Tutor:innen oder Mitstudierenden stellen – sie können die Antworten schon wissen, wenn sie digitale Vorkurse der Universität Stuttgart absolviert haben. Zu diesen Kursen gehören neben Erklärvideos spielerische Übungsaufgaben.
Grundlagen fürs Studium
Nach einer Befragung von Studierenden der Universität Stuttgart im Wintersemester 2022/23 fühlte sich nur ein Drittel ausreichend bei E-Learning Systemen unterstützt. Fehlende Kenntnisse bei digitalen Themen in unerwartet grundlegenden Bereichen fielen auch Lehrenden auf. „Ich unterrichte rund 700 Erstsemester im Programmieren und es kommt vor, dass sie schon bei einfachen Übungsaufgaben mit Suchmaschinen nicht weiterwissen. Ich habe zum Beispiel Fragen gestellt, bei denen sie die Lösungen hätten googeln können und sollen. Aber viele sind einfach nicht auf die Idee gekommen, Google zu benutzen und dann wussten sie nicht, welche Suchbegriffe sie hätten eingeben müssen. Sie haben in ihrem Leben selbstverständlich schon mal etwas gegoogelt, aber nicht in fachlichem Kontext“, erklärt Steffen Becker, Professor für Software Quality and Architecture an der Universität Stuttgart. Er leitet das Maßnahmenpaket „SKILLS“ des Projekts „digit@L“. SKILLS beschäftigt sich vor allem mit dem Lernen und Arbeiten mit digitalen Werkzeugen. „Aufgrund der Erfahrungen habe ich angeregt, einen Vorkurs zu erarbeiten, in dem unter anderem die Nutzung von Suchmaschinen erläutert wird.“ Ein anderes Beispiel seien Studierende, die Probleme beim Umwandeln von Word-Dokumenten in PDF-Dokumente haben. „Das sind eigentlich ‚einfache‘ Dinge, von denen man meint, junge Erwachsene würden sie können. Aber in den Schulen werden sie vielerorts nicht gelehrt und dann fehlen Grundlagen fürs Studium – und zwar nicht nur in MINT-Fächern.“
Projekt "digit@L"
Mehr Informationen zum Projekt „digit@L“ mit den drei Teilprojekten „BOOST“, „SKILLS“ und „SUPPORT“ finden Sie in unserer Projektdatenbank und auf der Website des Projekts.
Von Study Management bis Content Creation
Themen für Vorkurse kommen aus Erfahrungen der Lehrenden und aus Rückmeldungen der Studierenden. Wer einen Bedarf sieht, geht zu Melanie Schäfer. Sie ist wissenschaftliche Mitarbeiterin im Projekt „digit@L“ und konzipiert unter anderem die Videos. Das Finden und Konkretisieren der Themen sei meist ein iterativer Prozess, sagt sie. „Als es zum Beispiel um den Vorkurs Data Information Literacy ging, sollten die Inhalte ursprünglich sehr spezifisch werden mit Statistiken und Ähnlichem. Dann haben wir im Team aber gesagt: Stopp, die Bedarfe liegen auf einer anderen Ebene. Wir sollten einen Schritt zurückgehen und eher thematisieren, wie Studierende überhaupt relevante Quellen finden, die sie zum Beispiel auch für Abschlussarbeiten nutzen können. Und in dieser Richtung haben wir das Thema mit Videos und Übungsaufgaben dann auch umgesetzt.“ So könne es schon mal Monate dauern, bis Skripte für Videos fertig werden, erläutert Schäfer. Anschließend setzt das Medienproduktionsteam des Projekts diese visuell um.
Projekt „digit@L“ auf der TURN
Mehr zur Präsentation des Vorkurses finden Sie auf der Seite Programmseite der TURN. Für alle, die nicht vor Ort in Berlin daei sein können, werden ausgewälte Programmpunkte der TURN Conferende live gestreamt. Dazu gehört auch die Präsentation der Vorkurse des Projekts „digit@L“.
Neben Data Information Literacy gibt es vier weitere Vorkurse: In Data Information Management geht es zum Beispiel um die Organisation des eigenen digitalen Workspace. In Content Creation steht gutes Schreiben und Präsentieren und in Communication and Collaboration stehen Kommunikationstools und Netiquette auf dem Plan. Study Management widmet sich dem Zurechtfinden in den digitalen Orten der Universität ILIAS und C@MPUS. Alle Kurse sind freiwillig.
Studienanfänger bekommen mit ihrer Zulassung auch Videos zugeschickt, in denen gezeigt wird, wie sie sich korrekt für Kurse und für Prüfungen anmelden. Da habe es über Jahre hinweg immer wieder Probleme gegeben. Wer aus Versehen falsch klickt, könne sich nur mit einigem organisatorischen Aufwand wieder ummelden, berichten Melanie Schäfer und Steffen Becker. Es sei gelungen, die Falschanmeldungen mit den Erklärvideos deutlich zu senken.
Zu den Personen
Melanie Schäfer
Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Projekt „digit@L“
Prof. Steffen Becker
Leiter Abteilung Softwarequalität und -architektur
Für Studierende in ganz Deutschland
16 Videos gibt es aktuell insgesamt. Wenn sich Studierende verbindlich über das Uni-System zu einem Vorkurs anmelden, dann gibt es zusätzlich zu den jeweiligen themenspezifischen Videos ein Workbook mit spielerischen Übungen. Die Videos sind aber auch ohne Kurs auf der Website der Universität Stuttgart für jeden zugänglich. Bis auf die, in denen es konkret um Tools und Systeme der Universität Stuttgart geht, sind sie für alle Studierende in Deutschland geeignet, sagt Melanie Schäfer. „Unsere Kurse können überall den digitalen Start ins Studium für Studierende erleichtern und Lehrende entlasten. Daher haben wir sie als OER zur Verfügung gestellt.“
Zum Autor
Antonia Hildebrandt
Kommunikationsmanagerin
Antonia Hildebrandt ist Kommunikationsmanagerin der Stiftung Innovation in der Hochschullehre